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Große Werbekunden flüchten aus Angst um ihr Image von Elon Musks Online-Plattform X – doch statt Schadensbegrenzung zu betreiben, zeigt der Tech-Milliardär ihnen verbal den Mittelfinger. « Wenn jemand versucht, mich mit Anzeigen zu erpressen? Mich mit Geld zu erpressen? Go fuck yourself! », polterte Musk am 29. November 2023 auf der Bühne einer Konferenz der New York Times und wiederholte die Schimpfworte gleich mehrfach. Dabei erwähnte er ausdrücklich Disney-Chef Bob Iger.
Boykott durch Werbekunden töte X
Ein Boykott durch Werbekunden werde X (ehemals Twitter) töten, sagte Musk. « Und die ganze Welt wird wissen, dass die Werbekunden das Unternehmen getötet haben », ergänzte er. Auf die Frage, ob er als reichster Mensch der Welt die Plattform dauerhaft am Leben erhalten würde, schien Musk anzudeuten, dass er ein finanzielles Scheitern von X zu akzeptieren bereit sei.
Kurznachrichtendienst X vor dem Aus?
X werde dann eben verschwinden, sagte Musk, der 2022 rund 44 Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 40,1 Milliarden Euro) für Twitter bezahlt hatte. Das Geld kam größtenteils aus dem Verkauf seiner Aktien des Elektroautobauers Tesla. Etwa 13 Milliarden US-Dollar stammten aber aus Banken-Krediten, die nun auf X lasten. Musk sagte zuvor, er habe schon Geld beim Online-Dienst reinschießen müssen. Der Finanzdienst Bloomberg schätzt sein Vermögen auf 228 Milliarden US-Dollar (208 Milliarden Euro) – es besteht aber fast ausschließlich aus Aktien.
Antisemitische Äußerungen von Musk
Verschiedene große Unternehmen hatten Anzeigen auf X gestoppt, nachdem Musk einen Beitrag als « tatsächliche Wahrheit » bezeichnet hatte, in dem es unter anderem hieß, jüdische Organisationen verbreiteten Hass gegen Weiße. Einen Tag später demonstrierten Hassrede-Forscher in einem Bericht, wie Werbung bekannter Marken bei X neben Nazi-Beiträgen auftauchte. X behauptet in einer Klage, die Platzierung sei durch häufige Abrufe künstlich herbeigeführt worden.
Tech-Milliardär entschuldigt sich
Musk sagte nach der wochenlangen Kontroverse erstmals, dass der « Wahrheits »-Post ein Fehler gewesen sei, « vielleicht der schlimmste und dümmste Beitrag, den ich je veröffentlicht habe ». Seine Ansichten seien missverstanden worden. Er habe lediglich an die Adresse jüdischer Organisationen sagen wollen, dass es nicht klug sei, radikale Islamisten zu unterstützen, die ihre Vernichtung wollten.
Musk: Israel-Besuch hat nichts mit Post zu tun
Musks X-Beitrag war unter anderem vom Weißen Haus verurteilt worden und hatte Zustimmung in antisemitischen Kreisen geerntet. Er selbst betonte danach wiederholt, er sei kein Antisemit. Am 27. November 2023 wurde Musk in Israel empfangen. Dort besuchte er unter anderem mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu einen von der islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 überfallen Kibbuz. Musk betonte auf der Veranstaltung, der Besuch habe nichts mit der Kontroverse um seinen X-Beitrag zu tun.
KI bald intelligenter als Menschen?
In dem 90 Minuten langen Interview schaffte Finanzjournalist Andrew Ross Sorkin mit steten Nachfragen ungewöhnlich tiefe Einblicke in die Denkweise und Motivationen von Musk. Einige Highlights dabei: Musk schätzt, dass es nur drei Jahre dauern werde, bis ein KI-Programm besser in einzelnen Aufgaben sein werde als die Menschen, die darin am besten seien: « Einen Roman so gut wie J.K. Rowling schreiben, neue Physik entdecken oder neue Technologie erfinden ». Die Gefahren künstlicher Intelligenz hätten ihm früher den Schlaf geraubt: « Meiner Ansicht nach ist KI gefährlicher als Atombomben. »
Musk: Digitaler Gott im Anmarsch
Des Weiteren hält Musk nicht viel von Versuchen – etwa von Künstlern und der Verlagsbranche – den Einsatz urheberrechtlich geschützter Werke zum Anlernen künstlicher Intelligenz vor Gericht zu stoppen. « Bis über diese Klagen entschieden wird, werden wir einen digitalen Gott haben », sagte er. Er bestritt nicht, dass die Fülle von Beiträgen aus 17 Jahren von Twitter eine einzigartige Datenbasis für seine eigene KI-Firma X.AI darstellt.
Keine Unterstützung für Joe Biden
Außerdem teilte Musk mit, dass er nicht für Joe Biden stimmen wird. Denn vom heutigen US-Präsidenten fühlt sich der Tech-Milliardär beleidigt. Musk beschwerte sich, Biden habe zu Beginn seiner Amtszeit einen Elektroauto-Gipfel ohne Tesla veranstalten wollen und habe dann auch noch den Konkurrenten General Motors als Taktgeber der Elektro-Mobilität bezeichnet. « In dem Quartal baute Tesla 300.000 Elektroautos und GM 26. Kommt ihnen das fair vor? », regte sich Musk auf. « Ich denke nicht, dass ich für Biden stimmen werde » – selbst wenn die Wahl im November 2024 zwischen ihm und Donald Trump wäre. « Ich sage nicht, dass ich für Trump stimmen würde. Es ist eine schwierige Entscheidung. »
Leisere Töne beim Thema China
Mit einigen wichtigen Fragen biss Sorkin bei Musk auf Granit. So wollte er wissen, ob China Druck auf Musk ausüben könne, weil Tesla dort ein großes Werk habe und der Markt eine wichtige Rolle spiele. Musk sagte ausweichend, das gelte dann ja auch für die anderen Autobauer. Unbeantwortet blieb auch die Frage, ob es nicht scheinheilig sei, sich als Verfechter der Redefreiheit darzustellen, während er mit Geschäft in China mache, wo solche Rechte missachtet würden.
Milliardär mit zu viel Macht?
Musk wollte auch nicht darüber Reden, ob sein Satelliten-Kommunikationsdienst Starlink ihm nicht zu viel politische Macht verschaffe. Vor einigen Monaten wurde bekannt, dass er durch Verweigerung der Starlink-Unterstützung einen ukrainischen Angriff auf die russische Schwarzmeerflotte auf der Krim verhinderte. Zugleich hatte er der Ukraine zu Beginn der russischen Invasion zahlreiche Starlink-Terminals liefern lassen, die ukrainischen Truppen halfen.
Musk bestreitet Tiermisshandlung bei Neuralink
Abschließend wies Musk Berichte über die Misshandlung von Tieren bei seiner Firma Neuralink zurück. « Neuralink hat nie den Tod eines Affen verursacht », sagte er. « Es ist wie ein Affen-Paradies. » Neuralink will die Chips bald an Menschen testen. Die Technik soll helfen, Lähmungen aufzuheben und auch die Sicht zum Beispiel bei Schäden am Sehnerv zu ermöglichen. (Mit Material der dpa.)